Mittwoch, 26. Februar 2014

Von da an ging's bergab

Die Künstler kommen Berlin gerade recht. Damit lässt sich werben, das ist sexy. Mit Kunst und Kultur lässt sich auch gut Geld verdienen. Aber was ist mit jenen, für die sie entstanden sind? Mit den Kindern, den nicht ganz so Reichen, jenen, die sich nicht in den Zirkeln der Intellektuellen bewegen, die sich keine Bücherregale voller Neuerwerbungen leisten können, sondern die in die Bibliothek oder die Mediathek gehen und sich Bücher ausleihen, die Hausaufgabenhilfe in Anspruch nehmen, dort morgens die Zeitung lesen? In so manchem Kiez ist dieses erweiterte Angebot für Kopf und Herz gefährdet. Das ist ein Armutszeugnis für Berlin. Denn ohne die Menschen mitzunehmen, die ganz normalen Bürger, hat eine Stadt keine Kultur.

Im Hansaviertel gab es einen Aufstand der Bürger, da konnte die Bibliothek gerade noch gerettet werden. Die Tucholsky-Bibliothek läuft inzwischen in der Trägerschaft des Moabiter Ratschlags - bis letztes Frühjahr war viermal die Woche offen mit Kräften vom Bibliotheksamt, dann wurden zwei Tage daraus. Woraufhin der Ratschlag eingesprungen ist und mit Ehrenamtlichen und Maßnahmeleuten den Ausgleich geschafft hat. Seit diesem Februar gibt es keine Bibliothekare mehr, außer einmal im Monat. Wg. Verlängerung und Ausleihe und so. Beratung: Fehlanzeige. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nachbarschaftshauses tun jetzt, was sie möglich machen können.

In anderen Stadteilen von Berlin sieht es noch düsterer aus. Zwei Büchereien in Kreuzberg und Treptow sollen schließen, obwohl sie genug Besucher haben.

Wie beschrieb doch neulich ein Handwerker die Lage: "Es ist immer dasselbe. Erst kommen die Künstler in einen Kiez. Dann kommen die, die mit der Kunst Geld machen. Dann kommen die, die mit Geld Geld machen. Von da an geht es bergab."

Er sprach von Moabit. Was für diesen Kiez gilt, gilt auch für ganz Berlin. Wer will schon in einer Stadt leben, in der nur noch die da sind, die mit Geld Geld machen. Die Künstler der bunten Indie-Szene gehen dann jedenfalls woanders hin.

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