Mittwoch, 29. Mai 2013

Wagshurst – oder: der Fluch vom Schollenhof

Autorin auf kriminellen Touren in Wagshurst - Rathaus ohne Autorin. War grad niemand da,
der beide zusammen fotografieren konnte,
Die Fronleichnamsprozession, von der ich mir tiefe Einblicke in die Frömmigkeit der Wagshurster erhofft hatte, fand nicht statt. Eine alte Autorenweisheit besagt nämlich, da, wo es Fromme gibt, gibt es auch Heuchler. Und womöglich kriminelle Elemente. Aber, wie gesagt, die Prozession fand nicht statt. Ins Wasser gefallen. 

Die Prozession wäre, wenn sie denn stattgefunden hätte, übrigens am Sonntag vor Fronleichnam durch Wagshurst gezogen. Denn der Stadtteil von Achern gehört, wie viele andere Stadtteile heutzutage auch, zu einer Seelsorgeeinheit. Und an Fronleichnam war der Pfarrer anderswo. Dafür war die Wagshurster Kirche auf jeden Fall einen Besuch wert. Sie ist beeindruckend renoviert.

Aber auch ohne Prozession hat Wagshurst einiges zu bieten. Bloß nichts Kriminelles. Die Wagshurster, oder besser, die Wooschter, wie es da in der Ortenau heißt, seien ein absolut friedliches Völkchen behaupten Ortsvorsteher Ulrich Berger, ein waschechter Einheimischer (in Wagshurst heißt fast jeder Zweite Berger), und der ehemalige Ratsschreiber Werner Stüber, ein eingeheirateter Einheimischer. Die beiden Herren sahen zwar durchaus ein, dass ich unbedingt Übeltäter und üble Taten finden wollte, doch auch das gemeinsame Bier (bei mir blieb es beim Kaffee, ich musste ja noch fahren) und langes Grübeln auf den Bierbänken des DRK-Festes halfen da nicht weiter. Womit wir beim eigentlichen Zweck meines Besuches wären. Ich habe zugesagt, einen Kurzkrimi zu schreiben, der in Wagshurst spielt. So, wie es aussieht, muss ich mir tatsächlich selbst etwas ausdenken.

Ortsvorsteher Ulrich Berger und Krimipate Werner Stüber
An meinem Führer liegt es nicht, wenn mir nichts einfallen sollte - was ich allerdings nicht glaube, mir ist noch immer etwas eingefallen. Trotz Kübelregen von oben hat mich Werner Stüber geduldig durch den Ort geführt und mir alles gezeigt, was nur irgendwie kriminell verwendet werden könnte: die Mariengrotte (sie sehen, ich habe ein Faible für die Verbindung Kirche-Kriminalität, ich weiß auch nicht, woher das kommt) zum Beispiel. Oder den Maiwald. Oder den Schollenhof, den ältesten Hof des Ortes, der 1319 erstmals urkundlich erwähnt worden ist, oder die Schule, den Kindergarten, das Neubaugebiet, oder, oder.

Wagshurst ist übrigens ziemlich alt. Die erste urkundliche Erwähnung stammt von 1136. Außerdem hat der Ort eine Partnerschaft mit Jaspers, Indiana. Dorthin sind einige Familien ausgewandert. Inzwischen besuchen sich die Nachfahren gegenseitig. Die Endung -hurst des Ortsnamens bedeutet Gebüsch, Dickicht. Daraus zumindest müsste sich doch kriminaltechnisch-schreiberisch was machen lassen. Dann wäre da noch die Rench, die nicht mehr existierenden Ziegeleien …

Über den Schollenhof gibt es sogar eine Legende, die ich an dieser Stelle in Ermangelung wirklicher krimineller Untaten weitergeben möchte. Vor etwa drei Generationen erbat eine Frau vom fahrenden Volk der Zigeuner ein Almosen, wurde aber schnöde abgewiesen. Daraufhin belegte sie den Hof mit einem Fluch: Künftig sollten hier keine Kinder mehr geboren werden. Und was sagen Sie dazu: Es stimmt. Die Geschichte wurde auf dem Friedhof verifiziert, siehe Grabsteinfoto. Alle Nachkommen der Familie Walz sind adoptiert. Das sagte jedenfalls mein geduldiger Dorfpate, der ehemalige Ratschreiber Werner Stüber.Und der muss es ja wissen.

Falls Sie mal nach Wagshurst kommen sollten – ich kann die Fahrt sehr empfehlen, finden Sie doch dort noch manch anderes altes Gebäude, darunter auch solche, in denen früher für Rothändle-Taback getrocknet worden ist - dann grüßen Sie bitte Ortsvorsteher Ulrich Berger und Werner Stüber von mir. Ich habe mich in ihrer Gesellschaft sehr wohlgefühlt. Aber es hilft nichts, ich werde sie in Kriminelles verstricken müssen. Nur, das sagen Sie ihnen bitte nicht. Ich hab da auch schon eine Idee …

Ach ja, die Anthologie, für die ich schreibe, geht auf eine Idee von Autorenkollegin Brigitte Glaser zurück, die sie zusammen mit der Stadt Achern herausgibt. Der Titel: "Achern im Visier". Sie erscheint im Frühjahr 2014. Darin ist ein Kurzkrimi für alle Ortsteile enthalten. Und Lesungen gibt es natürlich auch. Meine ist am 31. Mai 2014, 20 Uhr, in Wagshurst. Der Ort wird noch bekanntgegeben. Und nun wünschen Sie mir bitte „gut Schuss!“

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