Autorin auf kriminellen Touren in Wagshurst - Rathaus ohne Autorin. War grad niemand da, der beide zusammen fotografieren konnte, |
Die Fronleichnamsprozession, von der
ich mir tiefe Einblicke in die Frömmigkeit der Wagshurster erhofft
hatte, fand nicht statt. Eine alte Autorenweisheit besagt nämlich,
da, wo es Fromme gibt, gibt es auch Heuchler. Und womöglich
kriminelle Elemente. Aber, wie gesagt, die Prozession fand nicht
statt. Ins Wasser gefallen.
Die Prozession wäre, wenn sie denn
stattgefunden hätte, übrigens am Sonntag vor Fronleichnam
durch Wagshurst gezogen. Denn der Stadtteil von Achern gehört, wie
viele andere Stadtteile heutzutage auch, zu einer Seelsorgeeinheit.
Und an Fronleichnam war der Pfarrer anderswo. Dafür war die
Wagshurster Kirche auf jeden Fall einen Besuch wert. Sie ist
beeindruckend renoviert.
Aber auch ohne Prozession hat Wagshurst
einiges zu bieten. Bloß nichts Kriminelles. Die Wagshurster, oder
besser, die Wooschter, wie es da in der Ortenau heißt, seien ein
absolut friedliches Völkchen behaupten Ortsvorsteher Ulrich Berger,
ein waschechter Einheimischer (in Wagshurst heißt fast jeder Zweite
Berger), und der ehemalige Ratsschreiber Werner Stüber, ein
eingeheirateter Einheimischer. Die beiden Herren sahen zwar durchaus
ein, dass ich unbedingt Übeltäter und üble Taten finden wollte,
doch auch das gemeinsame Bier (bei mir blieb es beim Kaffee, ich
musste ja noch fahren) und langes Grübeln auf den Bierbänken des
DRK-Festes halfen da nicht weiter. Womit wir beim eigentlichen Zweck
meines Besuches wären. Ich habe zugesagt, einen Kurzkrimi zu
schreiben, der in Wagshurst spielt. So, wie es aussieht, muss ich mir
tatsächlich selbst etwas ausdenken.
Ortsvorsteher Ulrich Berger und Krimipate Werner Stüber |
An meinem Führer liegt es nicht, wenn
mir nichts einfallen sollte - was ich allerdings nicht glaube, mir
ist noch immer etwas eingefallen. Trotz Kübelregen von oben hat mich
Werner Stüber geduldig durch den Ort geführt und mir alles gezeigt,
was nur irgendwie kriminell verwendet werden könnte: die
Mariengrotte (sie sehen, ich habe ein Faible für die Verbindung
Kirche-Kriminalität, ich weiß auch nicht, woher das kommt) zum
Beispiel. Oder den Maiwald. Oder den Schollenhof, den ältesten Hof
des Ortes, der 1319 erstmals urkundlich erwähnt worden ist, oder die
Schule, den Kindergarten, das Neubaugebiet, oder, oder.
Wagshurst ist übrigens ziemlich alt.
Die erste urkundliche Erwähnung stammt von 1136. Außerdem hat der
Ort eine Partnerschaft mit Jaspers, Indiana. Dorthin sind einige
Familien ausgewandert. Inzwischen besuchen sich die Nachfahren
gegenseitig. Die Endung -hurst des Ortsnamens bedeutet Gebüsch,
Dickicht. Daraus zumindest müsste sich doch
kriminaltechnisch-schreiberisch was machen lassen. Dann wäre da noch
die Rench, die nicht mehr existierenden Ziegeleien …
Über den Schollenhof gibt es sogar
eine Legende, die ich an dieser Stelle in Ermangelung wirklicher
krimineller Untaten weitergeben möchte. Vor etwa drei Generationen
erbat eine Frau vom fahrenden Volk der Zigeuner ein Almosen, wurde
aber schnöde abgewiesen. Daraufhin belegte sie den Hof mit einem
Fluch: Künftig sollten hier keine Kinder mehr geboren werden. Und
was sagen Sie dazu: Es stimmt. Die Geschichte wurde auf dem Friedhof
verifiziert, siehe Grabsteinfoto. Alle Nachkommen der Familie Walz
sind adoptiert. Das sagte jedenfalls mein geduldiger Dorfpate, der
ehemalige Ratschreiber Werner Stüber.Und der muss es ja wissen.
Falls Sie mal nach Wagshurst kommen sollten – ich kann die Fahrt sehr empfehlen, finden Sie doch dort noch manch anderes altes Gebäude, darunter auch solche, in denen früher für Rothändle-Taback getrocknet worden ist - dann grüßen Sie bitte Ortsvorsteher Ulrich Berger und Werner Stüber von mir. Ich habe mich in ihrer Gesellschaft sehr wohlgefühlt. Aber es hilft nichts, ich werde sie in Kriminelles verstricken müssen. Nur, das sagen Sie ihnen bitte nicht. Ich hab da auch schon eine Idee …
Falls Sie mal nach Wagshurst kommen sollten – ich kann die Fahrt sehr empfehlen, finden Sie doch dort noch manch anderes altes Gebäude, darunter auch solche, in denen früher für Rothändle-Taback getrocknet worden ist - dann grüßen Sie bitte Ortsvorsteher Ulrich Berger und Werner Stüber von mir. Ich habe mich in ihrer Gesellschaft sehr wohlgefühlt. Aber es hilft nichts, ich werde sie in Kriminelles verstricken müssen. Nur, das sagen Sie ihnen bitte nicht. Ich hab da auch schon eine Idee …
Ach ja, die Anthologie, für die ich
schreibe, geht auf eine Idee von Autorenkollegin Brigitte Glaser
zurück, die sie zusammen mit der Stadt Achern herausgibt. Der Titel:
"Achern im Visier". Sie erscheint im Frühjahr 2014. Darin ist ein
Kurzkrimi für alle Ortsteile enthalten. Und Lesungen gibt es
natürlich auch. Meine ist am 31. Mai 2014, 20 Uhr, in Wagshurst. Der
Ort wird noch bekanntgegeben. Und nun wünschen Sie mir bitte „gut
Schuss!“
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