Samstag, 3. Dezember 2011

Essen im Mittelalter – Mathildes Liebesrezepte, Folge II

Im Anhang meines historischen Romans "Die Köchin und der König" finden Sie jede Menge Rezepte aus dem Mittelalter, dazu einige, die den Damaligen dazu geeignet schienen, die Liebesglut anzuheizen. Diese kleinen Reihe soll Ihnen den Mund wässrig machen und das Gemüt empfänglich für die sinnlichen Seiten des Lebens.

In den Rezepten aus der Zeit der Kreuzzüge finden sich allerdings selten Mengenangaben. Und wenn, dann verwirren sie eher (zumindest mich), denn allgemeingültige Maße so wie heute existierten noch nicht. Ich habe mich bei den gesammelten Rezepten im Buch daran gehalten und nur wenn nötig die Mengen hinzugefügt. Gleiches gilt für diese kleine Serie. Dies soll ja auch kein Kochbuch sein, sondern nur eine Ergänzung zu Mathildes Geschichte – und eine Anregung für ihre eigene Kreativität. Denn Kochen wie im Mittelalter ist gar nicht so kompliziert. Das können Sie auch.

In dieser Folge geht es um Zutaten, die in einer mittelalterlichen Küche immer benötigt wurden, also um Grundlegendes fürs gute Essen - zum Süßen, zum Säuern, zum Backen und beliebte Gewürzmischungen.

Gewürze wurden ausgiebig verwendet – in Mengen, die für uns Heutige nicht erträglich wären. Zimt, Muskat und Ähnliches waren teuer. Also dachten sich die Reichen: „Wenn schon denn schon“. Außerdem war das Aroma fast verflogen, bis die Gewürze in unseren Breiten ankamen. Salz wurde mit Gold aufgewogen. Das heißt, dem Würzen mit Kräutern kam eine große Bedeutung zu. Verwendet wurden Kräuter und Grün, die sich auf jeder Wiese fanden wie Sauerampfer, Löwenzahn, Brennessel, Ackerminze, Bachbunge, Bärlauch, Eberraute, Quendel... Doch dazu ein anderes Mal.

So, und nun zur Sache:

Agrez ist ein Geliermittel und wurde auch zum Säuern verwendet. Man sammelt unreifes Streuobst (Äpfel) vom Boden auf, dazu saure Beeren. Unreife Früchte wie Äpfel, Trauben, Quitten, Stachel- und Johannisbeeren enthalten viel Pektin. Das ist auch der Hauptbestandteil heutiger Geliermittel. Die kleinen grünen Äpfel samt Schalen fein hacken, ebenso das andere Obst. Diese Masse wird mit einem Viertel der Obstmenge an Wasser schnell erhitzt, damit das Pektin nicht zerfällt und dann bei kleiner Hitze zu einem Brei auf die Hälfte eingedickt. Anschließend noch heiß durch ein Sieb streichen und abfüllen. Mit einer Schicht warmen Honigs abdichten und die Gefäße luftdicht verschließen.
Tipp: Man kann die Früchte auch mit Honig einkochen. Durch den Honig gärt die Masse nicht, man kann sie länger aufheben.

Aspik/Sülze: Zwei Kilogramm Knochen (zum Beispiel Schweins- oder Kalbsfüße) in etwa zwei Litern gut gesalzemen Wasser mit etwa 1 Tasse gutem Essig, einem Bund Suppengrün, einem Lorbeerblatt sowie Senf- und Pfefferkörnern über Nacht im Backofen bei 100 Grad garen lassen. Dabei zieht die Stärke aus den Knochen. Die Flüssigkeit noch einmal auf gut einen Liter reduzieren und kalt aufbewahren. Man kann sie auch einfrieren. Beim Erkalten entsteht Gelatine. Man kann vor dem Reduzieren auch gleich das für die Sülze benötigte Fleisch hinzufügen.

Essig: Sammeln Sie Wein- und Mostreste getrennt. Wenn genug beisammen ist, geben Sie die Flüssigkeit auf eine Essigmutter. Nach drei Wochen ist der Alkohol zu Essig geworden. Jetzt können Sie ihn abseien und in saubere Flaschen füllen. Auch Apfelmost, der lange genug steht, ergibt einen tollen Salatessig.
Essigmutter selbst herstellen: Im einfachsten Fall reicht für die Produktion von Essig das „Stehenlassen“ eines beliebigen fehlerlosen Getränks mit 4-7 Prozent Alkoholgehalt. Am häufigsten wird Trauben- und Apfelwein verwendet, aber auch aus Sake, Sherry, Met, Spirituosen, Bier oder Fruchtweinen lassen sich entsprechende Essigsorten herstellen, wenn sie vorher entsprechend verdünnt wurden. Lässt man diesen Ansatz an einem warmen Platz unter Luftzutritt stehen, siedeln sich oft ganz von selbst wilde Essigbakterien an. Die Essigfliege kann als Überträger fungieren.
Allerdings geben die wilden Essigbakterien oft schon nach 3-4 Prozent vergorenem Alkohol ihre Arbeit auf und bilden gleichzeitig eine dichte, zusammenhängende schleimige Schicht, die sogenannte Essigmutter. Diese Kolonie der Essigbakterien ist farblos und opak.
Essig entsteht nicht durch Vergärung, sondern durch teilweise Veratmung des Alkohols, braucht also Sauerstoff. Die Essigmutter muss deshalb untergestoßen werden, sonst kommt der unbedingt notwendige Sauerstoff nicht mehr an die Flüssigkeit.
Es kann vorkommen, dass ein Großteil des Flüssigkeitsvolumens nur noch aus Essigmutter besteht und unerwünschte Nebenprodukte entstehen, die erst durch Lagerung wieder verschwinden. Eines der typischen Nebenprodukte sind Spuren von Aceton mit Duft nach Nagellackentferner. Der Essig riecht und schmeckt eine Zeitlang etwas „medizinisch“. Das ist weder schlimm noch giftig, mit der Zeit entweichen die Nebenprodukte von selbst.
Essig wird umso besser, je länger man ihn lagert und ist praktisch unbegrenzt haltbar.

Feines Gewürz: Zu vielen Gerichten im Mittelalter wurde diese Gewürzmischung verwendet, allerdings zumeist in einem Ausmaß, der für heutige Gaumen nicht mehr verkraftbar wäre: 16 Gramm Zimt, 16 Gramm Ingwer (Galgant), 4 Gramm Nelken, 16 Gramm (getrocknete und zerstampfte) Lorbeerblätter.

Gewürzmischungen (zum Beispiel für Pasteten), stark: ein Drittel Teelöffel gemahlener Kümmel, ein Achtel Teelöffel gemahlener, schwarzer Pfeffer und gemahlener Ingwer.

Gewürzmischung, sanft, für die Soße: ein Achtel Teelöffel gemahlener Koriander, eine Prise gemahlener Zimt, brauner Zucker.

Pilzöl (schmeckt gut zu frischem Fladenbrot): Wer Pilze trocknet, bekommt immer mal wieder Bruch. Diese Reste im Mörser zerstoßen und mit einem guten, kalt gepressten Öl versetzen. Es sollte eher geschmacksneutral sein – hergestellt aus Raps, Disteln oder Sonnenblumenkernen. Auch Walnussöl eignet sich. Besonders lecker ist Morchelöl: 50 Gramm getrocknete Morcheln klein hacken, mit 250 Gramm Distelöl übergießen und rund zwei Wochen dunkel und warm stellen. Die Morcheln ausfiltern (vielleicht für eine Soße verwenden), das Öl im Dunkeln kalt stellen.

Treibmittel (beimBacken) waren das Hirschhornsalz und die Pottasche. Hirschhornsalz wurde durch trockenes Erhitzen („trockene Destillation“) von geraspelten Hirschgeweihen gewonnen, später verwendete man statt der Geweihe auch Knochen, Horn, Leder, Klauen und Ähnliches.

Der Name Pottasche (Kaliumkarbonat) stammt von der alten Methode der Anreicherung von Kaliumcarbonat aus Holzasche mittels Lösung der Salze durch Auswaschen mit Wasser und anschließendem Eindampfen in Töpfen (Pötten). Der traditionelle Name stand auch Pate für den englischen Namen von Kalium: potassium. Das Treibmittel wurde für Flachgebäck wie Kekse. Wie Hirschornsalz wird auch Pottasche in Wasser oder Milch aufgelöst, damit sie sich gleichmäßig verteilen kann.

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