Samstag, 27. August 2011

Und Du, Berlin, verlierst. Die Zweite

Ihr Leute vom Prenzlauer Berg, von Friedrichshain oder sonstwo, die ihr meinen Stamm hasst: Ich habe Migrationshintergund.Ich gebe es zu, ich oute mich, ich schlage mir an die Brust. Ich bin Schwäbin. Und dazu eine, die noch nicht einmal an ihrem Dialekt zu erkennen ist. Ich spreche ebenso gut bayerisch wie schwäbisch. Ich kann auch Alemannisch, etwas Platt, Englisch, Französisch, ein bisschen Russisch, ein noch kleineres Bisschen Chinesisch, Italienisch kann ich verstehen. Und griechische Buchstaben lesen. Noch schlimmer. In meiner Familie geht das Gerücht, meine Ur-Urgroßmutter sei ein Bankert des Herzogs von Württemberg gewesen. Und ich bin auch noch in Stuttgart geboren. Aber dem heutigen Tagesspiegel (Link, siehe unten) habe ich entnommen: Ihr mögt mich nicht. Im Gegenteil. In Euren Herzen und den Köpfen muggelt sich der Hass ein.

Ich weiß, dass es dagegen keine Argumente gibt. Gegen Emotionen kommt man mit Rationalität nicht an. Auch nicht mit dem Bemühen, sich beliebt zu machen, zu kuschen, sich wegzuducken. Deswegen oute ich mich jetzt. Ja, ich bin Schwäbin. Und ich habe einen Ehemann in Berlin. Der ist übrigens Badener. Und das ist ein Stamm, dessen Abneigung sind die Schwaben schon seit Jahrhunderten gewohnt. Ach, das wusstet Ihr nicht? Für Euch sind das alles Schwaben, die aus dem Süden kommen? Inklusive der Bayern? Dochdoch, da gibt es Unterschiede. Aber wir haben eingesehen, dass sich das nun mal nicht ändern lässt und uns darin eingerichtet. Und wir schmieren schon lange keine Hassparolen mehr auf Plätze oder hängen Zettel an Bäume. Und es sind auch nicht alle Schwaben gleich.

Deswegen, Ihr Schwabenhasser in Berlin und sonstwo: Vielleicht geht Euch ja irgendwann die Farbe aus, um Schwabenhasser-Parolen auf Plätze zu malen. Und der Hass wird schal oder er stößt Euch sauer auf. Vielleicht könnt Ihr dann auch aufhören, die Schwaben, die Türken, die Araber, die Russen, die Chinesen, die Amerikaner, die Italiener, die Indianer, die Afrikaner - und Gott weiß noch wen zu hassen. Vielleicht sogar Euch selbst.

Ich kann Euch versichern: Ich esse wie Ihr (ok, ich mag Maultaschen, aber auch Currywurst), ich scheiße wie Ihr, ich blute wie Ihr, ich liebe wie Ihr. Wir sind uns also ziemlich ähnlich. Ich habe auch nicht vor, Bomben zu werfen, die Kehrwoche zu propagieren, mich mit einem Kinderwagen zum Verkehrshindernis zu entwickeln oder Euch sonstwie das Leben schwer zu machen.

Ich habe aber auch nicht vor, mich zu verstecken. Und ich denke, das sollte in Berlin auch nicht nötig sein. Ich finde Hass nämlich nicht sexy und glaube, wenn das so weitergeht, dann verlieren wir alle. Nämlich die Freiheit, in dieser Stadt einfach so sein zu können wie wir sind. Und was wäre auch für Euch nicht gut.
Gar nicht gut.
Und Du, Berlin, verlierst noch mehr Sommerspossen.

Hier geht es zum Tagesspiegelbericht

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