Dienstag, 29. März 2011

Weg mit Phrasendrescher & Co.

Im Laufe meiner Jahre als Journalistin sind mir viele Phrasendrescher begegnet. Im Laufe meiner Jahre als Autorin auch. Und ich finde, die Worthülsen nehmen langsam überhand. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern wird langsam bedenklich, denn wir drohen im derart erzeugten Stroh zu versinken (wer lernen will, das Verb dreschen zu beugen, mehr dazu hier). Deswegen habe ich mich spontan entschlossen, an dieser Stelle eine Datei der übelsten Phrasen zu erstellen, eine Negativliste der Floskeln. Wer etwas dazu beizutragen hat, gerne: info@petra-gabriel.de. Die fleißigen Sammler bekommen – einen guten Überblick darüber, welche Sätze sie nie, aber wirklich niemals verwenden sollten. Ich fange dann mal gleich an.

Doch zuvor meine Hitliste der Phrasendrescher, in alphabetischer Reihenfolge:

Norbert Blüm, früherer Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, 1986 ließ der Sozialminister im Kabinett Kohl, Norbert Blüm (CDU), neben seinem Namen das Zitat plakatieren: "Denn eins ist sicher: Die Rente!" (mein Gott, so lange ist das schon her).


FDP-Chef Guido Westerwelle am 28. März 2011, dem Tag nach dem für die Liberalen enttäuschenden Wahlabend in Baden-Württemberg: "Wir haben verstanden."

Nun die von Gleichgesinnten und mir in Twitter, Facebook und im "wahren Leben" (auch so eine Floskel, frage mich, wo ist denn dann das unwahre Leben?) gesammelten, schon lange überstrapazierten und deshalb nervtötenden

Floskeln und Phrasen.


A

wie aber: @Evo2Me Dierk Haasis schreibt: Dümmste Hohlphrase überhaupt: '... aber ändert das denn was?' Auch bekannt als 'Was kann ich da schon tun.' Mein Beitrag zu

wie aber: Aber das war doch schon immer so. Wenn ich das höre gerate ich regelmäßig in Rage.



B

wie bald: Eine der beliebtesten ersten Sätze mancher Journalisten: Bald ist es soweit. Falls ich Socken anhätte, wenn ich das lese, würden sie sich kringeln. Für mich gibt es nichts Schlimmeres als einen solchen Einstieg. Dann will ich schon gar nicht mehr wissen, was das ist, das bald soweit ist. Dann will ich nur weg.

wie Bombe: Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe findet @_phoeni ziemlich abgedroschen. Ich auch. Außerdem sollte man mit Redewendungen aus dem kriegerischen Umfeld immer sehr sorgsam umgehen.


D

wie denken oder denkste: @thyrala kann "Es ist angedacht" nicht leiden. Verständlicher Weise.


E

wie Ergebnis: Welche Menschen betonen, dass sie ergebnisoffen diskutieren wollen? Ja, wie denn sonst? Oder: Wie machen DIE das üblicherweise? Das meint Christian S - keineswegs ratlos, eher überrascht. Warum fällt mir in diesem Zusammenhang bloß das Wort "alternativlos" ein?


G

wie Glanz: etwas „erstrahlt in neuem Glanz“. Das ist nichts weniger als eine glänzende Formulierung.

wie Grüße: Die oft benutzte Abürzung „LG“ findet @kriminalistin unsäglich, denn: "Wenn die Grüße wirklich lieb wären, würde man die Zeit aufwenden um sie auszuschreiben." Ja, so ist es wohl.


K

wie Kassen: knappe Kassen - Kassen sind leer und oder voll, aber nie knapp (spontan gespendet von @pyrolim).

oder: Die Kassen klingelten. Ebenefalls ein Begriff aus dem Reich des Geldes, der ziemlich überstrapaziert wird, findet @_phoeni.


wie kulinarisch und Köstlichkeit: In der Kombination kulinarische Köstlichkeit ist das schlichtweg abgedroschen. Und doppelt gemoppelt. Denn Synonyme für kulinarisch sind zum Beispiel: angenehm, delikat, erlesen, fein, lecker, schmackhaft, wohlschmeckend. Etwas, das scheußlich schmeckt, wird wohl kaum jemand als Köstlichkeit bezeichnen.


M

wie Musik oder wie Mix: der beste Musikmix (im Land, von XYZ, egal) besonders beliebt bei Radiomoderatoren und in Jingles. Leute, es nervt! Da gibt es übrigens noch den aktuellsten Wetterdienst (welchen Sinn sollte der Wetterbericht von gestern auch machen).


S

wie sagen: Ich würde sagen wollen, sagt @thyrala ist eine weitere Bäh-Phrase. Das sag ich auch.

wie Schuld: Christian Sch. hat gemailt: Für heute möchte ich das Gerede von "unschuldigen Opfern" einbringen. Wenn ich das höre, frage ich mich immer, wer denn wohl die schuldigen Opfer (und damit die "richtigen"?) gewesen wären.

wie Steuergelder - Zitat aus @pyrolims Hassphrasen: "Seit wann gibt es das Wort Geld im Plural? (ebenso Spendengelder). Ganz schlimm auch Bedarfe und Verkehre. Ich kenne nur eine Art Verkehr, die es im Plural gibt, und die meinen die Verkehrsplaner bestimmt nicht."


T

wie trocken oder Tuch: So gut wie in trockenen Tüchern hat @kerstinax beigesteuert. "Sie wird sehr oft in Zeitungen benutzt", findet sie. Aber auch andere Leuten scheinen ziemlich viele feuchte Tücher zu haben. Man sollte sie mit dem nassen Lappen erschlagen.

wie Tür: Ostern (Weihnachten, der Frühling und wer auch immer noch) steht vor der Tür. Das ist mehr als dreschflegelverdächtig findet @sachenfinderin tine


U

wie Unglück: Wenn ein GAU der "Größte Anzunehmende Unglücksfall" ist, was ist dann
ein SUPER-GAU? Haben wir es hier statt mit dem Superlativ mit einem Superdebilativ zu tun? Das fragt sichChristian S. aus Leipzig



V

wie Visier: ins Visier nehmen wird immer wieder gerne verwendet. Wenn es dabei um Menschen geht, könnten die durchaus etwas gegen diese Floskel aus dem Bereich der Kriegsführung einzuwenden haben. Und das zu Recht. Niemand mag es, wenn man eine Waffe auf ihn richtet. Ins Auge fassen wäre eine Alternative.


W

wie wichtig: "Es gibt Wichtigeres" kann @Evo2Me Dierk Haasis nicht mehr hören. Auch "ganz schrecklich dämlich" findet er "... der werfe den ersten Stein".
Meine Meinung zu Letzterem: Ich mochte den amerikanischen Film, der so hieß. Damals war ich aber noch sehr romantisch. Na gut, ich geb's zu, das bin ich heute auch noch.


Z

wie Zeit: Zeit ist Geld ist eine "schrecklich blöde Leerformel" findet @Evo2Me Dierk Haasis.

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