Sonntag, 18. Oktober 2015

Kubanisches Tagebuch, Folge III

In Cojimar - Begegnung mit einem Kollegen
Mein Schreibtisch steht inzwischen auf einer Insel. Ein Jahr Kuba - das ist Abenteuer pur, Eintauchen in eine andere Welt, die bei genauerem Hinsehen so anders gar nicht ist. Dennoch. Vieles, was für mich im Alltag selbstverständlich war, ist es nicht mehr. Das gilt im Übrigen auch für so manches Klischee.Und manchmal verschicke ich Rundbriefe an die daheimgebliebenen Freunde, einen können Sie jetzt lesen.

Rundbrief 7


Saludados (oder so) aus Kuba,

wie Ihr aus dem “oder so” unschwer schließen könnt, ist mein Spanisch noch immer ausbaufähig. Doch ich mache Fortschritte. Auch darin, mich in den Alltag auf der Insel einzufinden. Aber es bleibt abwechslungsreich und spannend. Im August habe ich noch einen Teil des Carnevals in Havanna miterlebt. Dieser September ist nun so etwas wie ein “heiliger” Monat.

Der 7. ist nämlich der Tag der Jungfrau von La Regla, was den Priester der hiesigen Kirche von Carmen dazu veranlasst hat, die Jungfrau des Viertels durch das Viertel zu tragen und dann eine Messe abzuhalten. Im Erdgeschoss desselben Hauses in der Calle Humboldt übrigens, in dem auch das offizielle Büro des Organisationskommittes des Carnevals untergebracht ist.

Also, was soll ich sagen: Beim Carneval war mehr los. Naja, wir leben hier schließlich im real existierenden Sozialismus, auch wenn der viele Schattierungen hat.

Doch ein weiteres heiliges Ereignis kündigte sich am 7. September schon an. Bei der dazugehörigen Prozession wurde das Bild von Papa Franzisco neben dem der Jungfrau durch die Straßen getragen. Und am 19. traf der Papst ein. Da war dann, bitte ausdrücklich um Verzeihung für diesen saloppen Ausruck, die Hölle los.

Und ich habe den Papst getroffen – fotografisch. Gut, von hinten. Und von weit weg. Er ist auf dem Foto so gut wie nicht auszumachen, deswegen habe ich es hier weggelassen. Aber immerhin, ich war Zeugin der Messe auf dem Platz der Revolution am Sonntag Morgen und danach völlig geschafft von all den Leuten. El Papa hatte in den folgenden Tagen noch – ich hoffe ich habe richtig mitgezählt – fünf weitere Messen zu absolvieren.Allein auf Kuba. Dann ging es weiter in die USA. Keine Ahnung, wie dieser Mann ein solches Pensum schafft, ist ja auch nicht mehr der Jüngste. Er hat jedenfalls meine Hochachtung – auch für die Art, wie er die Kirche und ihre Moral vertritt. Bodenständig nämlich. Und glaubwürdig.

Doch damit nicht genug: Ich habe diesen Monat einen Kollegen besucht. Das war ebenfalls ein Muss. Gut, Ernest H. ist schon eine Weile tot, aber seine Finca steht noch. Er lebte dort viele Jahre. Ein herrliches Areal, ein wunderbares licht- und luftdurchflutetes Haus, ein Turm mit Büro und Blick übers Land und 9000 Büchern, sowie schattigen Wegen unter alten Bäumen. Dazu ein Schwimmbad. Seine Yacht Pilar steht inzwisschen im Garten, überdacht und hinter den Gräbern seiner vier Hunde. Das Geld dafür hatte er unter anderem, weil er den Pulitzerpreis bekam, habe ich mir sagen lassen.

Gerade, als ich kurz davor war, neidisch zu werden, begann es bei mir zu jucken. Auf diesen alten Bäumen in dem wundervoll angelegten Garten sitzen nämlich fiese winzige Ameisen. Die lassen sich auf die Besucher fallen. In diesem Fall auf mich. Und es hat sie nicht im Mindesten gestört, dass ich mich von oben bis unten mit Antiinsektenmittel eingerieben hatte. Ich glaube, ich werde davon Abstand nehmen, mir eine solche Finca zu kaufen. Einen weiteren Vorteil hat es zudem – ich muss nicht erst den Pulitzerpreis gewinnen. Ersatzweise habe ich den Kopf von Herrn H. dann in Cojimar besucht, das ist ein idyllisches Fischerdorf in der Nähe von Havanna, Richtung Osten (siehe Foto).

Und dann habe ich diesen Monat noch die lebenden Autoren Kubas besucht. Mit Hilfe von Maikel Veloz, dem Mann beim Institut für Völkerfreundschaft, der fast alles möglich machen kann, und dazu noch ausgezeichnet Deutsch spricht, bekam ich schnell einen Termin. Alex Pausides, der Vizepräsident deer Vereinigung der Schriftsteller, hat mich – im übertragenen Sinn – sehr freundlich, um nicht zu sagen mit offenen Armen empfangen. Ich bekam auch eine Einladung: Am 19. Dezember darf ich bei der Übergabe des kubanischen Literaturpreises dabei sein. Vielleicht wird aus dieser Begegnung ja eine längerfristige Beziehung zwischen dem deutschen Schriftstellerverband und dem kubanischen. Ich werde jedenfalls tun was ich kann.

Ich sagte es ja – es bleibt spannend!

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