Freitag, 6. Februar 2015

Wege in die Geschichte: Zweieinhalb Helden

Anderthalb Helden - das bin ich und ...

Dies ist die Geschichte von drei Helden. Gut, sagen wir zweieinhalb.
Aber von vorne: 6. Februar 2015, Fasnachtszeit in Weingarten, Winter, Schneewehen, eisiger Wind, saukalt. Eine Geschichtenerzählerin, in diesem Fall ich, ist (wieder einmal) auf der Jagd nach Informationen über einen Helden der deutschen Historie. Für den nächsten Roman. Barbarossa, heißt er. Besagtem Barbarossa haben die Bürger von Weingarten, deren Ort vor langer Zeit einmal Altdorf hieß, mitten im Wald auf einem ziemlich steilen Berg einen Stein gewidmet. Dort soll einmal eine Burg gestanden haben, die, auf der Barbarossa zur Welt gekommen ist. Vielleicht aber auch nicht. Die Historiker sind sich da nicht ganz einig. Wer also Informationen zu Barbarossa sucht und am Ende einen Roman schreiben will, der zu Barbarossas Zeit spielt, muss sich entscheiden – ist er nun dort geboren worden oder ist er nicht.

Da es keine sicheren Hinweise gibt, so dachte ich mir, hilft vielleicht mein Bauchgefühl. Also – hin zum Barbarossastein.

Doch mein Bauch hat nicht den kleinsten Mucks getan. Zugegeben, es ist kein sehr kluger Gedanke (und nicht nachahmenswert), mitten im Winter bei Schnee nach einem Stein im Wald zu fahnden. Ich hatte auch schon so eine Ahnung, dass es schwierig werden könnte, nachdem mir die nette Dame in der Touristinfo bei vielem weiterhelfen konnte, aber nicht mit der Schilderung der genauen Abzweigung des Waldweges, der zum Stein führt. Die Suche nach Helden ist bekanntlich immer ein Abenteuer, dachte ich mir, und bin trotzdem losmarschiert. 

Eine Wegbeschreibung (aus gutem Grund):


Hier jetzt die Wegbeschreibung: Weingarten, Touristinfo → links durch den Torbogen beim Brillengeschäft, dann immer die Straße lang bis zur → Kreuzung Scherzachstraße (K7948). Nach links. Wenn diese zur Laurastraße wird, gibt es keine Bürgersteige mehr. Aber geben Sie nicht auf. Beim Ortsausgang finden Sie auf jeden Fall auf der rechten Seite ein Schild mit einem blauen Kreuz auf dem steht: Barbarossastein 2 km (da dachte ich noch – prima, zwei Kilometer schaffe ich leicht).

Weiter geht es, nicht allzu steil bergauf der Fahrbahn entlang. Nach einer Weile passieren Sie auf der linken Seite wieder ein Schild mit einem blauen Kreuz auf dem steht: Barbarossastein, 0,2 km. Hurra, dachte ich an dieser Stelle und lief trotz des scharfen Winterwinds mit neuer Begeisterung weiter. Und weiter. Und weiter. Und weiter. Jetzt müsste die Einbiegung nach rechts in den Waldweg doch langsam kommen, den meine Karte zeigt, überlegte ich nach einer weiteren, ziemlich langen Weile. Doch es kam nichts. Und es kam nichts.

Das ist der Zeitpunkt, um den zweiten Helden in meine Geschichte einzuführen. Schick heißt er. Dieter Schick. Und er war vom Himmel geschickt. Dieser Held saß in einem Firmenwagen und wollte in dieselbe Richtung. Er muss mir meine Verwirrung sogar schon von hinten angesehen haben, denn er hielt an: „Wohin wollen Sie?“

„Zum Barbarossastein“, nuschelte ich, inzwischen völlig deprimiert und mit von der Kälte schon blau gefrorenen Lippen.

„Da sind Sie zu weit.“

Das konnte ich kaum glauben.

„Doch“, sagte er. „Ich schau jetzt mal nach, wo genau es in den Wald geht und dann komme ich Sie holen.“ Damit fuhr er fort.

Kann nicht sein, dachte ich, noch immer der Überzeugung, dass die Bürger von Weingarten doch sicher noch ein drittes Schild aufgestellt haben mussten. Wer käme denn auch auf die Idee, einen ziemlich großen Hinkelstein einen Berg hinauf zu schleppen und dann noch nicht mal hinzuschreiben, wo das Denkmal zu finden ist!

... ein Weg und ...
War aber so. Herr Schick kam tatsächlich zurück. Und zeigte mir den „Einstieg“. Von der Straße aus nicht sichtbar, führten winzige, eisige und auch verschneite Stufen die Böschung steil hinab, weiter über eine kleine Brücke und einen Bachlauf, und dann ebenso steil und ebenso verschneit den Berg hoch. „Passen sie auf“, rief Herr Schick mir noch hinterher, nachdem ich mich ausgiebig bei ihm bedankt und hoffentlich sein Staunen über mein Vorhaben mit der Begründung mindern konnte, dass ich eine Romanautorin bin. Ich weiß nicht, ob er mir geglaubt hat.

Aber aufpassen, das tat ich, denn auf Herrn Schick war Verlass, das wusste ich inzwischen. Es wurde wirklich schwierig. Ich kam dank meiner Stollenstiefelsohlen voran. Langsam zwar, wegen der einen oder anderen Schneewehe, aber es ging. Allerdings hatte ich nicht die mindeste Zeit, auf mein Bauchgefühl zu achten. Falls mein Bauch etwas gesagt haben sollte.

Warum die Menschen von Weingarten, die im Jahr meines Ausfluges immerhin das Jubiläum ihrer Stadterhebungvor 150 Jahren feiern, kein Schild hingestellt haben, wo genau es zum Barbaraossastein geht, konnte ich nicht herausfinden. Angeblich soll es so ein Schild mal gegeben haben. Aber momentan gibt es eben keins. Obwohl die Welfen (jaja, die Vorfahren des „Prügelprinzen“) für die Anfänge der Stadt sehr wichtig waren. Eine von Barbarossas Vorfahrinnen, sie heiß Judith wie Rotbarts Mutter, hat dem Kloster die wertvolle Heilig-Blut-Reliquie gestiftet. Und der Vetter, den Barbarossa anfangs sehr mochte, später aber nicht mehr so, nämlich Heinrich der Löwe, soll tatsächlich in besagter Burg, auch Haslachburg genannt, geboren worden sein, an deren Stelle angeblich der Stein steht. Aber so ist das im Leben, Undank ist der Welt Lohn.

Womit wohl klar wäre, Herr Schick ist Held Nummer zwei in meiner Geschichte. Ohne ihn hätte man vielleicht eine Geschichtenerzählerin namens Petra Gabriel eines Tages erfroren oder verhungert im Wald gefunden, dahingeschieden auf der Suche nach dem Barbarossastein. Ganz abgesehen davon, dass es diese Geschichte dann nicht geben würde und noch einige weitere.

Und der halbe Held? Ist eine halbe Heldin, unermüdlich und durch fast nichts aufzuhalten im Dienst der Kunst: Ich lebe noch, bin munter, hab den Stein gefunden trotz aller Widrigkeiten und sitze warm und gemütlich in meiner Unterkunft, dem Hotel Gerbe in Ailingen. Heldentum kann  auch ganz angenehme Seiten haben.

... der Barbarossastein.
P.S. Es gibt übrigens noch einen Barbarossastein. Von wegen Kyffhäuser. Falls Kaiser Rotbart dort warten sollte, ist er ziemlich herzlos. Sein Herz, das liegt nämlich woanders. Ich habe es auf einem anderen Weg in die Geschichte gefunden. Ozas Geschichte im "Klang des Regenbogens"

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