Was hat ein Fass mit einer Halle zu
tun, oder noch besser: mit einem Mord? Gemach. Zuerst folgen Sie mir
bitte in die Moabiter Arminiushalle, oder besser „Zunfthalle“
(nach dem Betreiber), oder, ganz
korrekt, die „Arminiusmarkthalle - Markthalle Moabit“. Sie diente
als einzige der alten Berliner Markthallen - bis auf eine kurze Zeit
während des Zweiten Weltkriegs - ununterbrochen der Bestimmung, für
die sie vor mehr als 120 Jahren gebaut worden ist. „Ruppig,
bodenständig, gut“ , beschrieb die Berliner Zeitung im November
2013 das Angebot. Kein Wunder also, dass es mir dort gefällt. Denn:
Das trifft's.
Wer zuhören kann und beobachten, für
den ist die Halle besser als Kino - abgesehen von den
Kulturveranstaltungen, die dort immer wieder angeboten werden.
Gesprächsinseln aus Stühlen und Tischen im Käuferstrom bieten
dafür genügend Möglichkeiten. Kurz, die Halle bietet sich als
Tatort für einen Krimi geradezu an.
Anno 1891 am 1. Dezember ging die
Arminushalle mit damals noch 130 Ständen in Betrieb. Einst waren 14
Hallen geplant, die Arminiushalle trug die Nummer X. In Kreuzberg
gibt es noch die Marheineke-Halle im Kreuzberger Bergmann-Kiez und
die Markthalle IX in der Nähe des Mariannenplatzes. Yiannis
Kaufmann, Manager der Arminius-Halle, täglich in „seiner“ Halle
unterwegs, meist in Sakko, Schal und mit Schieberkappe
kennt jeden Händler, jede Lebensgeschichte.
Die Moabiter Arminiushalle wurde an der
Stelle eines in der Stadt verstreuten Wochenmärkte gebaut, der auf
ziemlich feuchtem und sumpfigem Grund stand. An überdachte Märkte
dachte man in Berlin bereits in Revolutionsjahr 1848, aber erst 24
Jahre später, nämlich 1872, haben die Stadtgemeinde und die
„Deutsche Baugesellschaft“ mit den Verhandlungen begonnen, es gab
einen Vertrag für zunächst elf Hallen. Doch der Polizeipräsident
traute der Angelegenheit nicht, er wollte die Versorgung der Berliner
Bevölkerung lieber selbst sicherstellen. Es geschah, was immer
geschieht, wenn ein Höhergestellter eine Idee hat: Es wurde eine
Kommission gegründet, die nach eingehender Prüfung der
Markthallenfrage 1875 festlegte, dass „endlich der Marktbetrieb
unbeschränkt stattfindet, so dass jeder zu einer ihm genehmen Zeit,
geschützt gegen die Unbilden der Witterung seine Einkäufe machen
kann.“
Soweit so gut. Doch damit waren die
Hallen noch lange nicht gebaut. Die Stadtverordneten-Versammlung
ersuchte den Magistrat schließlich 1881 „einen generellen Plan
behufs Errichtung von Markthallen für die ganze Stadt aufzustellen
und der Versammlung zugehen zu lassen.“
Dieses Mal kam man schneller zu Potte –
schon ein Jahr später lag der Plan für die Zentralmarkthalle vor,
der Erste Spatenstich erfolgte auch sogleich. Dann kamen nach und
nach die anderen Hallen, insgesamt 11.
Doch die Geschäfte florierten nicht
überall gleich gut. Bis 1912 waren vier der Hallen schon wieder
geschlossen – und aus der Halle III in der Zimmerstraße wurde zum
Beispiel das „Ballhaus Clou“.
Nach dem zweiten Weltkrieg schließlich
waren acht der Hallen nur noch Schutt und Asche, zwei schwer
beschädigt – Arminius in Moabit und Eisenbahn in Kreuzberg waren
einigermaßen heil geblieben, Marheineke war so schwer beschädigt,
dass sie heute völlig anders aussieht.
Zur Arminiushalle gehören natürlich
auch menschliche Schicksale, zum Beispiel das von Louise Auguste
Friederike Lewerenz aus Wedding, die anno 1891 hinter einem
Blumenstand ihre Geschäfte aufnahm. Es folgte Helene Berg,
verwitwete Runkwitz, die Tochter von Louise, dann Erika Richter aus
Pankow und anlässlich den 100. Geburtstag der Arminiushalle feierte
deren Sohn Bernd mit seinem „Blumenhaus Erika“ im Seitenschiff
eines Tempels der benjaminischen Ceres, der Göttin aller
Feldfrüchte, das Jubiläum der Halle mit.
Feld- und Meeresfrüchte aller Art und
aus aller Herren Länder, Fleisch, Beilagen, Bier, Wein, sowie die
dazugehörige Gastronomie gab und gibt es in der Arminiushalle bis
heute. Dazu noch vieles andere. So beschrieb der Tagesspiegel das
Treiben in und um die Halle 1965 so: Sonnabends reichen die
Parkplätze … nicht aus. Nach kilometerlangen Anfahrten werden die
Kofferräume vollgestopft mit Porree und Apfelsinen, Broten und
Heringen und einem saftigen Eisbein obenauf.
Für die Bodenständigen und
Gesprächsbereiten bietet Wurst-Werner für 2.60 Euro ein Frühstück
samt Einschätzung der politischen Großwetterlage. Zu haben sind
aber auch Chablis und Austern.
Quellen: Tagesspiegel
2 Kommentare:
es gibt übrigens acker- ecke invalidenstrasse eine weitere markthalle, diese ist leider komplett durch ein rewe belegt.
grüße vom (suppen)-kochrausch aus der arminiushalle.
g.b.
stimmt, die hatte ich unterschlagen. Danke für den Hinweis!
PG
Kommentar veröffentlichen