Mittwoch, 2. November 2011

Essen im Mittelalter - Mathildes Liebesrezepte, Folge I

Im Anhang von "Die Köchin und der König" finden Sie jede Menge Rezepte aus dem Mittelalter, dazu einige, die sehr wohl dazu geeignet scheinen, die Liebe zu wecken. Dies ist der Anfang einer kleinen Reihe, die Ihnen den Mund wässrig machen soll. In den Rezepten aus der Zeit der Kreuzzüge finden sich selten Mengenangaben. Und wenn, dann verwirren sie eher (zumindest mich), denn allgemeingültige Maße so wie heute existierten noch nicht. Ich habe mich daran gehalten und nur wenn nötig die Mengen hinzugefügt. Dies soll ja auch kein Kochbuch sein, sondern nur eine Ergänzung zu Mathildes Geschichte. Über den Daumen gepeilt benötigen Sie für eine Person etwa 150 Gramm Fisch oder Fleisch. Hin und wieder gibt es dafür zu einem Rezept einen Serviertipp extra. Doch in dieser Folge geht es erst einmal um um Grundlegendes.

Im Mittelalter aßen die Menschen alles, was ihnen in die Hände fiel. Niemand dachte sich etwas dabei, Singvögel zu verspeisen oder einen Schwan. Auf den Tafeln landeten Gerichte aus dem Fleisch von Dachsen und Bären – Tiere also, die damals noch in den Wäldern Europas lebten. Die Rezepte in diesem Buch sind dem heutigen Geschmack angepasst. Die Würzmischungen von damals wären für unsere Gaumen ziemlich abenteuerlich. Salz wurde mit Gold aufgewogen. Viele Gewürze wie Muskat, Safran oder Zimt und Pfeffer mussten mühsam aus fernen Ländern herbeigeschafft werden. Deshalb kamen sie meist nur bei den Wohlhabenden in die Küchen, dann aber in kräftigen Dosierungen, denn die langen Transportwege bedeuteten auch einen Verlust an Aroma. Außerdem wurde ausgiebig mit heimischen Kräutern hantiert, die teilweise auch das Salz ersetzten.

Essen war weit mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Wer etwas zu Essen bekam, der tafelte ohne Rücksicht auf Verluste oder Bauchweh. Die meisten Menschen wussten nicht, wann sie die nächste gute Mahlzeit bekommen würden. Beim Essen entstanden Freund- und Feindschaften, es wurden Verträge geschlossen und Kriege beschlossen.

Die wenigsten Menschen kamen in den Genuss von Speisen, wie sie in den nächsten Folgen hier beschrieben werden. Wasser, Brot, Grütze, Gemüse, bei den Rheinanwohnern Fisch und wenig Fleisch waren angesagt. Gekocht wurde außerdem mit allerlei Färbemitteln, manchmal selbst mit dem giftigen Grünspan. Spinat und Zwiebelschalen wurden zum Beispiel dafür genutzt. Außerdem wurde vieles in Breiform serviert – auch Fleisch und Fisch. Die zerstampfte Masse bekam dann aber wieder die Form eines Vogels oder eines anderen Tieres. Das war auch ein beliebter Trick zu Fastenzeiten, wo der falsche vom echten Hasen wegen der vielen Gewürze selbst geschmacklich kaum noch zu unterscheiden war. Da freuten sich außerdem die oft von Zahnproblemen geplagten Schlemmer.

Zudem liebten die Menschen Soßen. Alles wurde übergossen und getunkt, um nicht zu sagen, ertränkt. Und es gab sogar schon Teigwaren (Marco Polo soll sie die ersten Teigtaschen aus China mitgebracht haben, aber das ist nicht bewiesen). Die ersten richtigen Kochbücher stammen aus dem 14. Jahrhundert. Vieles über das „richtige Essen“ ist aber auch bei Hildegard von Bingen nachzulesen, die im 12. Jahrhundert lebte.Es wurden übrigens alle Speisen gemeinsam aufgetragen. Das Wort Gang bezeichnete im Mittelalter nur, wie oft das Gesinde laufen musste, um alles auf den Tisch zu bringen. Als Besteck gab es Löffel und Messer.

In "Die Köchin und der König" geht es auch um die Genüsse des Orients, die Rezepte stammen aus dem Mittelmeerraum sind im Buch jeweils mit einem * gekennzeichnet: Hier bleibt noch anzumerken, dass es viele Zutaten, die heute aus der Küche des Vorderen Orients und des Nahen Ostens nicht mehr wegzudenken sind, damals noch nicht gab. Tomaten und Paprika zum Beispiel, die erst nach der Entdeckung Amerikas mehr als zweihundert Jahre nach den Geschehnissen in diesem Roman nach und nach in die Küchen Einzug hielten. Gleiches gilt für die Schokolade. Auch den „türkischen Kaffee“ kannte noch niemand. Der Kaffee eroberte erst im 15. Jahrhundert Persien und das Osmanische Reich.

Die Aubergine aber gab es zu meinem Erstaunen schon. Sie stammt aus Indien, China und Assam. Dieses Gemüse wurde seit dem 13.Jahrhundert sogar auf dem europäischen Markt gefunden. Die damaligen Sorten trugen noch gelbe oder weiße Früchte und hatten etwa die Größe eines Hühnereis.

Und nun noch ein kleiner Ausflug ins Reich der Aphrodisiaka – wobei hier vor allem der Glaube und die Form zählt: Bereiten Sie Lammfleisch mit Kümmel, Anis und Fenchel zu und schon haben Sie ein aphrodisisches Hauptgericht. Für Liebesessen eignen sich insbesondere Wurzel-und Würzgemüse , natürlich Zwiebeln und Knoblauch und unübertroffen: der Ingwer.

Als Gewürze, beziehungsweise Kräuter empfehlen unsere Altvorderen: Pfeffer, Safran, Zimt, Vanille, Minzen, Basilikum, Bohnenkraut, Petersilie oder Brunnenkresse, Lavendel, Thymian und Wachholder. Den eingedickten Milchsaft des Lattichs, der Urform des Kopfsalates, verehrte man früher als Samenflüssigkeit der Götter. In der Pfeife geraucht, war er mit seinem morphinähnlichen Alkaloid ein sexuelles Stimulans. Feldsalat enthält ebenfalls opiatähnliche Stoffe, die für die Entspannung sehr aufgeregter Liebhaber sorgen. Von der Endivie sagte der Volksmund, sie mache eine faulen Hahn geil. Süßes und Heißes (als Dessert) gilt seit jeher als luststeigernd.

Übrigens: Auszüge aus diesem Text dürfen nur mit Genehmigung der Autorin, beziehungsweise des emons Verlages verwendet werden. Das Nachkochen ist immer erlaubt.

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